Der Begriff Deprivation ist aus dem lateinischem abgeleitet. Das Verb “deprivare”, bedeutet übersetzt soviel wie „berauben“. Jemand der „depriviert“ wird, wird also einer Sache beraubt.
Die Deprivation im BDSM-Kontext ist in aller Regel eine Reiz-Deprivation und meint damit ganz spezifisch den Raub der „Sinne“. Praktisch wird dies durch das Einschränken oder vollkommene Ausschalten von Außenreizen erzeugt.
Dies klingt erstmal harmlos. Wenn man die Auswirkung der Sinnes-Deprivation auf die menschliche Psyche allerdings etwas genauer beleuchtet wird schnell klar, dass es sich hierbei um eine Praktik handelt die eindeutig in den Bereich der Weißen Folter gehört.
Vorweggenommen: Da sich die Intensität der Deprivation leicht kontrollieren lässt muss es nicht zwangsläufig Ziel dieser Übung sein das Gegenüber zu foltern.
Deprivation – Wenn die Reize ausbleiben
Das menschliche Gehirn bekommt normalerweise permanent Sinnenreize vorgesetzt. Es interpretiert Signale über die Augen, die Ohren, die Haut und den Geschmacks- und Geruchssinn. Im Nervensystem werden diese Reize verarbeitet, gefiltert und auf Ihrer Basis Entscheidungen getroffen. Das ist der Normalzustand. Und ohne diesen Mechanismus könnte ein Mensch in seiner Umwelt nicht funktionieren.
Wenn die gewohnte, ständige Reizberieselung allerdings ausbleibt beginnt das Gehirn schnell in eine Art Leerlauf zu schalten. Das führt in erster Linie zu einer tiefen Entspannung, die nach kurzer Zeit allerdings schon in eine Unruhe und Überempfindlichtkeit gegenüber verbliebenen Rest-Reizen umschwenkt.
Das vollkommene Ausschalten von Umwelt-Reizen ist eher schwierig zu bewerkstelligen. Zu diesem Zweck existieren zwar eigens entworfene Reiz-Deprivations-Tanks. In einem normalen Haushalt sind diese allerdings in der Regel nicht zu finden.
Ohne solch einen Tank bleiben in den meiste Fällen Rest-Reize an die sich das Gehirn klammen kann.
Innerhalb einer Session könnte das folgendes sein: Dumpfe Geräusche. Eventuell schemenhafte Lichteindrücke unter einer Vollmaske. Oder die Schwere des eigenen Körpers auf dem Boden. Der Druck der von Fesseln oder einem Vakuum-Bett auf den eigenen Körper wirkt.
Diese verbliebenen Reize werden durch das unterforderte Gehirn massiv verstärkt. Das Sinneserleben wird damit intensiver.
Welche Praktiken bieten sich an?
Um mit dem Partner eine Deprivation durchzuführen gibt es viele Hilfsmittel auf dem Markt. Vollmasken können Seh- und Hörsinn stark einschränken. Vakuum-Betten schränken die Bewegungsfreiheit enorm ein und reduzieren damit die Signale die normalerweise von der Haut ans Gehirn gesendet werden.
Eine typisches Spiel mit dieser Praktik könnte beinhalten den Sub unter einer Vollmaske und gefesselt für eine Weile seinem eigenem Gehirn zu überlassen. Nach einer Weile werden ausgewählte und zugängliche Körperstellen gezielt stimuliert. Nach einem temporären Entzug der Sinne ist hier eine Überempfindlichkeit garantiert.
Gefahren der Deprivation?
Wir möchten auch erwähnen, dass die Reizdeprivation alles andere als ein harmloses Spiel darstellt.
So gibt es Berichte aus dem Strafgefangenenlager Guantánamo, die besagen, dass Deprivation als ein Mittel der Folter eingesetzt wird. Auch gilt der Sinnesentzug als eine vorbereitende Technik auf Verhöre.
Gerade ein längeres Abschotte der Sinne von Reizen führt zu massiven psychischen Veränderungen. Nicht selten beginnen Probanden schon nach kurzer Zeit Halluzinationen zu entwickeln und in Zustände zu rutschen die sie aus ihrem Alltag nicht kennen.
Manche dieser Veränderungen können zu schweren Persönlichkeitsstörungen führen. Dies ist in jedem Fall eine Typfrage. Eine pauschale Antwort ist dementsprechend nicht möglich.
In jedem Fall ist es empfehlenswert sich dieser Praktik äußerst behutsam zu nähern. SSC also auch hier! Auch eine einfache Augenbinde ist prinzipiell schon ein Instrument der Reizdeprivation. Das wäre doch ein guter Anfang bevor man gleich den Isolationstank anschafft.
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